Um die GeldKarte der deutschen Kreditwirtschaft gibt es immer wieder Befürchtungen, Spekulationen und Verdächtigungen. Auf die häufigsten Fragen soll hier eingegangen sein, ebenso auf die Möglichkeiten, die der Chip gegenüber dem Magnetstreifen bietet, was Zusatzanwendungen angeht.
Kontogebundene Karte
Zuerst einmal gibt es zwei verschiedene Arten, wie der Chip, auf dem auch die GeldKarten-Funktion enthalten ist, in die Hand des Kunden kommt.
Häufig wird der Chip auf der Kundenkarte oder eurocheque-/Kunden-Karte der Kunden integriert. Das hat den Hauptvorteil, nicht eine extra Karte für die GeldKarten-Nutzung herumtragen zu müssen. Bei ec-Karten enthält der Chip außerdem die nötigen Daten für die Nutzung der „ec-cash offline“ Funktion. Diese sogenannte kontogebundene GeldKarte kann an entsprechenden Terminals durch PIN-Eingabe gegen Abbuchung vom Konto aufgeladen werden, eine Aufladung gegen Bargeld ist natürlich ebenfalls möglich. Ladungen gegen das Konto gehen entweder an eigenen Ladeterminals im SB-Betrieb oder mittlerweile auch an neueren Geldautomaten, die diese Funktion bieten. Eine Abbildung dieser Variante ist die untere Karte.
White Card
Die kontoungebundene Karte oder sogenannte white-card ist oben abgebildet. Sie eignet sich zur Ausgabe an Personen, die keine Kundenkarte/ec-Karte haben (z.B. Kinder und Jugendliche, ausländische Touristen etc.). Diese Karte kann meist nur gegen Bargeld am Bankschalter mit Hilfe sogenannter BSFT´s (Banken Sonderfunktions Terminals) aufgeladen werden. In den folgenden Beispielen wird immer von einer kontogebundenen Karte ausgegangen, bei der ein Girokonto des Karteninhabers im Hintergrund steht. Whitecards sind im Prinzip aber das gleiche, nur das hier ein CPD-Konto (Verrechnungskonto) der Bank als Ersatz für das Girokonto dient. Das Bargeld wird auf das Verrechnungskonto der Bank eingezahlt und die Aufladung der Karte gegen dieses Konto gebucht.
Ebenso möglich ist das Laden gegen dritte Karten (Beispiel: Ein kontoungebundener GeldKarte Chip auf dem Mitarbeiterausweis wird zum Bezahlen in der Kantine gegen die ec-/Maestro-Karte des Mitarbeiters geladen). Das Verfahren ist zum Laden der GeldKarte über Internet ist zwar spezifiziert, aber noch nicht in der Praxis zu finden.
Aufladen und Bezahlen
Die Verrechnung bei der GeldKarte Transaktionen gleicht in gewisser Weise der Abhebung und dem Ausgeben von Bargeld. Beim Ladevorgang wird das Girokonto des Kunden belastet, als wenn er Bargeld am Automaten bezogen hätte, der Gegenwert wird nur elektronisch auf der Chip gespeichert statt in Scheinen ausgegeben.
Da aber (wie manche böse Zungen behaupten „typisch deutsch“) sehr viel Wert auf Sicherheit gelegt wurde gibt es im Hintergrund doch noch ein paar Zwischenschritte, die das System unter der Oberfläche etwas komplexer machen.
Wie auch bei der Bargeldabhebung wird die Abhebung im Hintergrund von Autorisierungssystemen geprüft und genehmigt. Gleichzeitig erfolgt die Meldung über den Ladebetrag an die Ladezentrale, die den Saldo auf dem Börsenverrechnungskonto der kartenausgebenden Bank anpaßt. Außerdem wird die Ladung noch an die Börsenevidenzzentrale gemeldet, die den Schattensaldo der entsprechenden Kartennummer raufsetzt.
Wird nun beim Händler eine Zahlung mittels GeldKarte getätigt sammelt er alle Transaktionen des Tages und überträgt diese Abends bei seinem Kassenschnitt an den Netzbetreiber oder die Börsenevidenzzentrale. Die Evidenzzentrale belastet nun die Börsenverrechnungskonten der kartenausgebenden Banken mit dem Gegenwert der von deren Karteninhabern getätigten Transaktionen und schreibt dem Händler die Tagessumme aller Transaktionen per Überweisung gut. Gleichzeitig wird der Schattensaldo der GeldKarte um den getätigten Umsatz runtergesetzt.
Nochmal zum Verständnis: Der Gegenwert der abgehobenen Beträge liegt auf dem Börsenverrechnungskonto der Bank, die für alle ihre Karteninhaber das Geld in einem großen Topf sammelt. Der Schattensaldo der einzelnen GeldKarten wird anhand der eindeutigen Nummer des Chips geführt. Die ausgebende Bank weiß also nicht, wieviel jeder einzelne Kunde wo ausgegeben hat oder noch mit sich herumträgt und die Evidenzzentrale weiß nicht, welcher Kunde hinter welcher Chipnummer steckt.
Die Bank erhält dann nur eine Anforderung (bzw. einfach eine Belastung auf ihrem Börsenverrechnungskonto), einen Betrag von zum Beispiel 12.345,67 EUR zu zahlen, weil an diesem Abrechnungstag Karteninhaber des Instituts für soviel Geld mittels GeldKarte bezahlt haben.
Schattensaldo / Schattenkonto
Der Schattensaldo der GeldKarte führt oft zu Diskusionen. Einige Leute befürchten, daß ihr Einkaufsverhalten von der Bank nachvollzogen und diese Informationen dann an Marketingunternehmen verkauft werden oder sie so total gläsern bezüglich ihrer Einkaufsgewohnheiten werden. Da aber wie oben beschrieben die Daten an verschiedenen Stellen verarbeitet werden und, bildlich gesprochen, die eine Hand normal nichts von der anderen weiß ist diese Angst eher unbegründet. Die Evidenzzentrale speichert auch nur den Saldo, der noch auf der Karte ist. Die Daten der einzelnen eingereichten Transaktionen werden allerdings gemäß den handelsrechtlichen Vorschriften aufbewahrt, so daß theoretisch die Möglichkeit besteht, nachzuvollziehen, wann wo für wieviel eingekauft wurde.
Um eine sinnvolle Auswertung zu machen müßte man auch einen riesigen Aufwand treiben, das lohnt sich IMHO bei den Beträgen einfach nicht. Mehr dazu aber unten unter Datenschutz.
Evidenzzentrale
Die Evidenzzentralen (ähnlich wie bei der Autorisierung von ec-cash Anfragen hat jeder Banksektor seine eigene) nehmen im GeldKarte System quasi eine Dienstleistungsfunktion wahr. Sie nehmen die Umsätze der Händler entgegen, leiten den Zahlungsverkehr in die Wege, prüfen die Sicherheit des Systems (Erkennen von Angriffen und Manipulationen) und verrechnen die entsprechenden Entgelte unter den Beteiligten.
Sie beantworten und bearbeiten auch Anfragen von Banken bezüglich der Schattensalden von Karten, wenn Erstattungen vorgenommen werden sollen.
Ersatz des Restwerts bei Verlust oder Beschädigung
Bei der Beschreibung der Kartenarten habe ich geschrieben, daß bei Verlust der GeldKarte der darin gespeicherte Betrag wie Bargeld „futsch“ ist. Wenn als ein Dieb mir meine GeldKarte klaut kann er den darin enthaltenen Betrag ausgeben. Eine Prüfung mittels PIN oder Unterschrift, ob er der berechtigte Karteninhaber ist, findet nicht statt. Da auch keine Autorisierung bei einer zentralen Stelle erfolgt, kann ich die GeldKarten-Funktion auch nicht sperren lassen.
Genauso wie ich mir aber beschädigtes Bargeld unter gewissen Kriterien ersetzen lassen kann, kann ich mir auch das Restguthaben des Chips bei Beschädigung ersetzen lassen. Die Bank fragt dazu bei der Evidenzzentrale den Restbetrag ab, der noch auf der Karte vorhanden war (in der Regel muß man natürlich noch einige Zeit warten, es könnten ja noch Händler Umsätze einreichen), läßt den Saldo dann auf Null setzen und zahlt mir den offenen Betrag aus oder bucht ihn mir aufs Konto zurück. Da jeder GeldKarte auch ein Verfallsdatum hat (entweder Gültigkeit der ec-/Kundenkarte, auf der der Chip ist oder, wie oben sichtbar, eigenes Gültigkeitsdatum bei white-cards) kann ich bei Verlust auch warten bis die Gültigkeit abgelaufen ist und dann nachfragen, ob noch ein Restsaldo vorhanden ist. Dieser kann dann wie oben erstattet werden. Ist die Karte also irgendwo in den Fluß gefallen und nicht gefunden worden kriege ich mein Geld vielleicht später doch noch wieder. Versucht das mal bei verlorenem Bargeld 😉
Datenschutz, die Marketing-Mär
Nicht totzukriegen ist die immer wieder aufkommende Behauptung (s.o.), die Banken würden jede einzelne Transaktion auswerten und die Daten über ihre gläsernen Kunden dann an Marketingfirmen weiterverkaufen.
Einige Punkte des gesunden Menschenverstandes sprechen, denke ich, gegen diese Theorie:
- Das Kleingeldsegment, für das die Geldkarte gedacht ist, ist nun nicht unbedingt das super-interessante für Marketingunternehmen.
- Die Daten sind einfach nicht dauerhaft wirtschaftlich abzugreifen, da es zuviele Beteiligte (Händler, Händlerbank, Netzbetreiber, Evidenzzentrale für Händlerbank, Karteninhaber, kartenausgebende Bank, Evidenzzentrale der kartenausgebenden Bank) gibt, die alle an einem Strang ziehen müßten und so gut können die verschiedenen Bankensektoren nun auch nicht miteinander.
Schönes Zitat dazu: „Nur wer das Datengewusel zwischen Händler,- Kunden- und Verrechnungsbanken, Ladezentralen, Händler-, Börsen- und Kartenevidenzzentralen und gar Kunden und Händlern selbst (bzw. ihren Karten) richtig zu nutzen weiß, die richtigen Stellen illegal oder legal (gestützt auf die Strafprozeßordnung) in das gleiche Boot bekommt, kann erfahren, für welche Beträge Frau oder Mann bei wem mit der GeldKarte eingekauft hat“ Hanns-Wilhelm Heibey, a la card aktuell 22-23/99, eigene Hervorhebungen - Solange nicht auch gespeichert wird, was gekauft wurde ist die Aussagekraft doch begrenzt (wer sich am Kiosk die BILD kauft ist sicher eine andere Zielgruppe als ein Käufer des Wall Street Journal).
Gemeines Beispiel: Ich zahle regelmäßig in der Apotheke mit GeldKarte. Welchen Schluß zieht man jetzt daraus ? Es macht doch vermutlich einen Unterschied, ob ich Aspirin und Sinupret kaufe, weil ich öfter Kopfschmerzen und eine verstopfte Nase habe, oder ob ich andauernd Kondome kaufe und sich so auf ein ausschweifendes Liebesleben schließen läßt, oder? Zur Rettung meines Rufes: Es ist die erste Variante 😉
Wer trotzdem noch Angst um seine informationelle Selbstbestimmung hat, aber auf die Bequemlichkeit der GeldKarte nicht verzichten will, kann sich ja eine white-card zulegen und diese anonym gegen Bargeld aufladen, dann kann wirklich kein Rückschluß zu seinem Konto und seinem Namen gezogen werden.
Zusatzanwendungen
Die Chipkarte hat gegenüber dem Magnetstreifen einige Vorteile, die sich nutzen lassen. Chips sind mechanisch robuster, lassen sich nicht oder nur extrem aufwendig manipulieren, besitzen eigene Intelligenz und haben ein viel höheres Speichervolumen.
Diese Vorteile haben zur Entwicklungen einiger Zusatzanwendungen geführt, mit denen der freie Platz auf dem Chip, der nicht von der GeldKarte-Applikation belegt wird, genutzt werden kann. Beispiele sind zum Beispiel der elektronische Fahrschein bei dem die Fahrkarte für den Bus auf dem Chip gespeichert wird.
Leider, aus meiner Sicht, hat man in der Vergangenheit versäumt, zum Nutzen der Kunden hier einen einheitlichen Standard zu schaffen. Die Sparkassen hatten vor einer übergreifenden Einigung im ZKA ihr eigenes System „Spacemanager“ zur Verwaltung des freien Speicherplatzs versucht in den Markt zu drücken. Mittlerweile hat man sich aber auf ein einheitliches System geeinigt, so daß in Zukunft hoffentlich mehr breit einsetzbare Zusatzanwendungen auf den Markt kommen. Die neu ausgegebenen Kundenkarten enthalten in der Regel bereits die gemeinsamen Anwendungen „Marktplatz“ und „Ticket“.
Altersmerkmal
Auf dem Chip kann ein Altersmerkmal gespeichert werden, das den Karteninhaber als volljährig ausweist. Wird der Karteninhaber erst während der Kartenlaufzeit volljährig, kann mit Zustimmung der Eltern bei über 16 jährigen das Geburtsdatum gespeichert werden. Der Karteninhaber kann so wo nötig sein Alter nachweisen, beispielsweise seit 2007 am Zigarettenautomat oder bei altersbeschränkten Angeboten im Internet.